Hydraulischer Abgleich: Pflicht, Sinn und Verfahren – eine ganzheitliche Betrachtung

Wann immer es in der Wohnungswirtschaft um das Thema Heizungsbetrieb geht, stellt sich spätestens seit der EnSimiMaV die Frage nach einem hydraulischen Abgleich. Mit der Erfahrung aus über 1000 optimierten Heizungsanlagen teilen wir in diesem Artikel unsere Einschätzung zum hydraulischen Abgleich, ganzheitlich und kompakt: Ist ein hydraulischer Abgleich immer notwendig? Wenn ja, wann? Und wie sollte man ihn sinnvoll durchführen lassen? Aus gegebenem Anlass steht zu Beginn jedoch ein kurzer Abschnitt zur rechtlichen Lage.

Der hydraulische Abgleich im Kontext der auslaufenden EnSimiMaV und des GEG

Die EnSimiMaV läuft am 30.9.2024 aus. Ab dem 1.10.2024 gilt allein das GEG, in diesem Kontext besonders relevant sind die Paragraphen 60b und 60c der zweiten Novelle.

Während ein hydraulischer Abgleich für jede neu errichtete Heizungsanlage unabhängig vom Energieträger immer noch verpflichtend ist (§ 60c GEG), erwähnt das GEG diesen für Bestandsanlagen nicht mehr explizit. Hier ist von “Heizungsprüfung und Heizungsoptimierung” die Rede. Die Details haben wir für Sie bereits im Beitrag Heizungsprüfung gemäß §60b Gebäudeenergiegesetz (GEG) aufbereitet. Den Wortlaut der zweiten Novelle finden Sie u.a. auf den Seiten von GEG-Info.

Nach dem GEG ist der hydraulische Abgleich für den Anlagenbestand nicht mehr verpflichtend, aber wie ist die Lage, wenn man den Blick weg von den gesetzlichen Vorschriften hin auf die Realität in den Heizungskellern der Republik richtet? Ist eine Durchführung pauschal immer sinnvoll?

Der hydraulische Abgleich mit Blick in den Heizungskeller

Fakt ist, dass in jüngster Vergangenheit im Bestand mehrheitlich kein hydraulischer Abgleich durchgeführt worden ist. Laut des VDIV haben nicht einmal ein Viertel der Unternehmen die Vorgaben der EnSimiMaV zum hydraulischen Abgleich fristgerecht erfüllen können. Denn eine richtige Durchführung ist aufwändig und relativ teuer. So muss für jedes Gebäude der Heizbedarf für jeden Raum individuell ermittelt und jeder Heizkörper in jedem Raum einzeln eingestellt werden. Nicht selten bedarf es zudem eines Eingriffs in den Heizkreislauf, beispielsweise zur Installation neuer Thermostatventile.

Dies bedeutet, dass Zugang zu allen Wohnungen benötigt und unter Umständen auch die Heizung abgestellt werden muss. Die Bewohner sind in jedem Fall involviert. Da lässt sich mit Blick auf das eigentliche Ziel – eine zeitnahe und wirtschaftlich umsetzbare Steigerung der Energieeffizienz im Heizungsbetrieb – die Frage stellen, ob ein hydraulischer Abgleich in jedem Fall tatsächlich sinnvoll und nötig ist.

Ginge es auch ohne hydraulischen Abgleich?

Der hydraulische Abgleich ist eine Stellschraube auf dem Weg zu einem optimalen und damit möglichst energie- und kosteneffizienten (und letztlich auch rechtlich vorgeschriebenen) Heizungsbetrieb. Er ist allein noch kein Garant dafür. Denn auch nach einem hydraulischen Abgleich kann eine Heizungsanlage sehr ineffizient laufen, sofern der eigentliche Betrieb nicht richtig eingestellt ist. Wie so oft, ist es sinnvoll, erst einmal zu analysieren, ob diese Maßnahme erforderlich ist und die gewünschte Wirkung erzielt.

Der digitale Heizungskeller gibt Aufschluss

Nachdem wir einen Heizungskeller digitalisiert und mit unserer Cloud verbunden haben, startet eine circa 4-wöchige Analysephase. Bevor es in die eigentliche Betriebsoptimierung geht, sammelt das System dabei Daten des Ist-Zustands für die Erstellung einer individuellen Optimierungsstrategie. Diese Analyse gibt auch Aufschluss darüber, wie gut das System bereits hydraulisch abgeglichen ist.

Wir unterscheiden drei mögliche Ausgangssituationen: ein hydraulischer Abgleich ist

  • unnötig, da das System bereits gut abgeglichen ist. Wir gehen direkt in die Optimierung des Betriebs.
  • gegebenenfalls hilfreich. Auch hier starten wir den iterativen Prozess der Betriebsoptimierung und beobachten, wie groß die Einschränkungen des nicht idealen Abgleichs für die Optimierung des Heizungsbetriebs tatsächlich sind.
  • oder aber dringend notwendig ist. In diesem Fall raten wir dazu, so schnell wie möglich einen richtigen hydraulischen Abgleich zu machen, damit die Maßnahmen zur Optimierung des Betriebs besser greifen.  

Weniger als 20 Prozent der Heizungskeller brauchen den hydraulischen Abgleich dringend

Bei mehr als 80 Prozent der von uns bisher analysierten Anlagen ist ein hydraulischer Abgleich gar nicht dringend geboten. Hier können wir zeitnah in den iterativen Optimierungsprozess gehen und direkt Energie, Kosten und CO2 einsparen. Dabei erhalten wir genauere Informationen, inwieweit ein nachträglicher Abgleich das Optimierungspotenzial weiter steigern würde.

Lediglich bei 17,5 Prozent der Anlagen raten wir dazu, so schnell wie möglich einen hydraulischen Abgleich durchzuführen, da Einsparungspotenziale ohne Komfortverlust für die Bewohner gegebenenfalls nicht in signifikanter Größenordnung gehoben werden können.

Nach welchem Verfahren sollte der hydraulische Abgleich gemacht werden?

Das vereinfachte Verfahren A

Das vereinfachte Verfahren A halten wir für wenig sinnvoll. Hier wird die Heizlastbestimmung pauschalisiert durchgeführt und damit fußen alle weiteren Einstellungen des Systems auf ungenauen, im schlimmsten Fall sogar falschen Annahmen. Das Verfahren führt damit nicht zuverlässig zu relevanten Verbesserungen. Zudem ist seit 2023 für alle neuen und modernisierten Heizungsanlagen der Abgleich nach Verfahren B verpflichtend.

Das Verfahren B

Wir empfehlen immer: Wenn hydraulischer Abgleich, dann richtig. Das Verfahren B ist zwar aufwendiger, liefert dafür aber auch die gewünschten Ergebnisse. Ausgangspunkt ist eine individuelle Heizlastberechnung für jeden Raum, die Faktoren wie Wand- und Fensterflächen sowie die Dämmung berücksichtigt. Darauf basierend wird für jeden Heizkörper einzeln berechnet, welche Wassermenge hindurchfließen muss. Im zweiten Schritt muss nicht nur die Heizungspumpe, sondern jeder einzelne Heizungskörper im Gebäude entsprechend eingestellt werden.

Fazit

Rational betrachtet, stellt die Digitalisierung des Heizungskellers den ersten logischen Schritt dar. So können datenbasiert und verlässlich diejenigen Anlagen identifiziert werden, bei denen ein sofortiger hydraulischer Abgleich die größte Wirkung entfaltet. Sich die aufwändige und relativ teure Maßnahme dementsprechend auch im Ergebnis am meisten auszahlt. So kann ein ergebnisorientierter Fahrplan erstellt werden.

Die Schritte noch einmal zusammengefasst:

  1. Die Heizungskeller digitalisieren, datenbasiert analysieren und zielgerichteten Optimierungsfahrplan erstellen
  2. Im Schnitt bei über 80% der Anlagen mit unserer Betriebsoptimierung direkt loslegen und sparen. Die wenigen Anlagen zeitnah hydraulisch Abgleichen, die es am dringendsten benötigen.
  3. Den gesamten Bestand betriebsoptimiert steuern und Schritt für Schritt in Richtung regenerative Systeme transformieren.
    Übrigens: Das für einen effizienten Betrieb komplexerer Power-to-Heat-Anlagen erforderliche “Betriebssystem” haben Sie schon installiert. Und die für eine passgenaue Auslegung dieser Anlagen nötigen Daten liegen ebenfalls in der Cloud bereit.

Das nennen wir den digitalen Heizungskeller, der mehr kann. Wollen Sie auch? Dann melden Sie sich bei uns oder berechnen Sie doch gleich Ihr Einsparpotenzial!

Bleiben SIe Auf dem LaufenDen

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